Die gute Nachricht: Das geplante Terminservice- und Versorgungsgesetz, kurz TSVG, soll ab April 2019 die ambulante Versorgung gesetzlich versicherter Patienten spürbar verbessern. Kleiner Wermutstropfen dabei: Mehr ärztliche Leistungen und Services und sehr viele zusätzliche Regelungen im Gesetz kosten sehr viel Geld.
Das Gesundheitsressort der Großen Koalition bleibt aktiv: Nach dem Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) und dem Sofortprogramm Pflege (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG), wendet sich Gesundheitsminister Jens Spahn nun der ambulanten Versorgung zu:
34 % der Kassenpatienten warteten 2017 länger als drei Wochen auf einen Facharzttermin. Quelle: Umfrage KBV
Gesetzlich versicherte Patienten sollen einen gleichwertigen Zugang zu Facharztterminen in akzeptabler Frist bekommen, Wartezeiten in den Arztpraxen grundsätzlich kürzer werden. Als Gegenmittel zur „Zweiklassenmedizin“ formuliert das neue Gesetz klare Forderungen, vor allem an Ärzte und deren Verbände:
Das TSVG stellt zudem Weichen für eine bessere Versorgung in ländlichen Gebieten:
„Im Ansatz eine gute Sache“, findet Uwe Ledwig, IKK-Verwaltungsratsvorsitzender der Versichertenseite. „Das sind wichtige Schritte zu einer abgestimmten, sektorenübergreifenden Akutversorgung. Das TSVG sorgt zudem für die längst überfällige Aufwertung gesetzlich Versicherter in den Arztpraxen und fördert die sprechende Medizin.“
Die Kehrseite der Medaille: Zusätzliche Leistungen kosten viel Geld. So sollen die Ärzte von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) für jede im Gesetz angeführte Dienstleistung gesondert bezahlt werden, zusätzlich zum vereinbarten Budget. Das allein summiert sich laut GKV-Spitzenverband auf Mehrkosten von rund 775 Millionen Euro pro Jahr für die Beitragszahler.
Mehr noch: Vom ersten Entwurf bis zur aktuellen Fassung ist das TSVG gewachsen. Immer neue Änderungsanträge umfassen inzwischen viele Regelungen jenseits des Gesetzeskerns: So hatten die Kassen zum Beispiel für 2019 für Heilmittel (Physio-, Ergotherapeuten und Podologen/Logopäden) Preissteigerungen von 750 Mio. Euro eingeplant. Durch Regelungen im TSVG für die Berufsgruppe wurden daraus rund 2 Mrd. Euro, also ungeplante Mehrkosten von ca. 1,2 Mrd. Euro pro Jahr.
„Durch das Gesetz könnten am Ende rund 2,7 Mrd. Euro Mehrkosten pro Jahr auf die Krankenkassen zukommen. Das sind beitragsrelevante Ausgabensteigerungen!“ Quelle: GKV-Spitzenverband
Die vorläufige Zwischenbilanz aus IKK-Sicht: Ja, das Gesetz kann die ambulante Versorgung in einigen wichtigen Bereichen verbessern helfen. Durch das Füllhorn an außerbudgetären Honoraren für Ärzten und viele weitere Interessengruppen wird die Finanzierung des TSVG in den kommenden Jahren aber zur schweren Bürde für die gesetzlichen Beitragszahler werden.
Zumal nicht nur das TSVG Milliarden kosten wird, sondern auch die ja sinnvolle Stärkung des Pflegepersonals zulasten der GKV finanziert werden soll: Schon in diesem Jahr müssen die Beitragszahler der GKV hierfür weitere 1,2 Mrd. Euro zusätzlich aufbringen.
Neben dem Gesetzeskern trifft das TSVG viele weitere Regelungen, u.a.*:
*vgl. FAZ v. 27.09.18