Sepsis: Die unterschätzte Gefahr Sepsis (Blutvergiftung) erkennen­, Leben retten

Eine Sepsis kann jeden treffen, in jedem Alter und jeder Lebenssituation. Besonders betroffen sind Personen in der Pflege oder Kinder. Die Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Hier erkranken jährlich mindestens 230.000 Personen, ca. 85.000 von ihnen überleben nicht – etwa alle sechs Minuten stirbt ein Mensch durch eine Sepsis, weltweit sogar alle 4 Sekunden. Dabei ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Mehrzahl der Todesfälle vermeidbar. Die Überlebenschance hängt vor allem von der rechtzeitigen Therapie ab. Deshalb ist es so wichtig, eine Blutvergiftung schnell zu erkennen. Die IKK BB informiert zu Symptomen der Blutvergiftung, Ursachen, Folgen, der Therapie und Prävention.

Das Wichtigste im Überblick

  • Die Sepsis ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland.
  • Zu den Risikogruppen zählen u. a. ältere und pflegebedürftige Menschen.
  • Die meisten Todesfälle sind vermeidbar, wenn schnell behandelt wird.
  • Informieren sich sich zu den vielfältigen Symptomen, um die Sepsis zu erkennen.
  • Ursache ist in der Regel eine Infektion und fehlregulierte Immunabwehr.
  • Bei Verdacht schnell zum Arzt: Jede Stunde erhöht das Sterberisiko um ca. 7 %.
  • Rechtzeitig erkannt ist die Erkrankung meist behandelbar. Spätfolgen sind möglich.
  • Impfungen, Hygienemaßnahmen und die Behandlung von Krankheiten beugen vor.

Was ist eigentlich eine Sepsis?

Eine Sepsis wird umgangssprachlich auch Blutvergiftung genannt, ist aber keine Vergiftung im eigentlichen Sinne. Sie entsteht durch eine Infektion und ist ihre schwerste Verlaufsform. Die ursprüngliche Entzündung ist nicht immer direkt erkennbar. Das macht es besonders für ältere und pflegebedürftige Personen, die ohne dauerhafte medizinische Aufsicht zu Hause leben und ihre Angehörigen schwer, die Erkrankung und ihre Symptome zu erkennen.

Bei einer Sepsis spitzt sich die Infektion so zu, dass die Blutvergiftung als Komplikation auftritt. Dabei funktioniert die körpereigne Abwehr nicht mehr richtig beziehungsweise wird fehlreguliert:

  • Der Körper wehrt sich und aktiviert das Abwehrsystem, insbesondere des Immun- und Gerinnungssystem, um gegen die Erreger anzukämpfen.
  • Kommt es zur Sepsis, kann das Immunsystem die Infektion nicht (mehr) effektiv eingrenzen. Die krankheitserregenden Keime, zum Beispiel Bakterien, gelangen vom lokal begrenzten Infektionsherd in das Blut und verbreiten sich über den Blutkreislauf oder das Lymphsystem im ganzen Körper und bilden dort Giftstoffe.
  • Das Immunsystem greift in der Folge nicht nur die Keime, sondern auch körpereigenes Gewebe und Organe an. Unbehandelt kann die Erkrankung zu Multiorganversagen und septischem Schock führen: Der Blutdruck fällt ab, der Blutkreislauf bricht zusammen und Organe können versagen.

Eine Sepsis ist lebensgefährlich und ein zeitkritischer, medizinischer Notfall. Unbehandelt endet sie tödlich. Es sterben doppelt so viele Menschen im Krankenhaus an einer Sepsis als an einem Herzinfarkt und Schlaganfall zusammen. Rechtzeitig erkannt ist die Erkrankung aber behandelbar. Wissen kann also Leben retten.

Ursachen einer Blutvergiftung

Der Blutvergiftung liegt immer eine Infektion zugrunde. Daran sind vor allem Bakterien beteiligt, es kann sich aber auch um Viren, Pilze oder Parasiten handeln.

Anders als oft angenommen sind infizierte Wunden nicht die häufigste Ursache einer Sepsis, kommen aber dennoch als Ursache in Frage. Möglich sind zum Beispiel virale Infektionen der Atemwege und anderer Organe wie Grippe oder COVID-19. Auch folgende Entzündungen können in eine Sepsis münden:

  • Lungenentzündung
  • Blasenentzündung
  • Entzündung im Bauch
  • Entzündung nach einer Operation
  • Über Schläuche oder Geräte im Körper wie Gelenk-Prothesen, Katheter, oder Herz-Schrittmacher
  • kleine Wunden auf der Haut, zum Beispiel Schürfwunden oder ein aufgekratzter Mückenstich

Risikogruppen

Bestimmte Menschen sind besonders gefährdet, an einer Sepsis zu erkranken. Zu den Risiko-Gruppen zählen:

  • Personen über 60 Jahre
  • Schwangere und Mütter nach der Entbindung
  • Früh-, Neugeborene und Kinder, die nicht geimpft sind (zum Beispiel gegen Pneumokokken, Grippe und COVID-19), da ihr Immunsystem noch nicht voll entwickelt ist.
  • Personen, die schon einmal an eine Sepsis hatten
  • Personen mit chronischen Erkrankungen wie einer Lungenerkrankung, Herzschwäche oder Asthma
  • Personen mit künstlichen Gelenken oder einer künstlichen Herzklappe
  • Personen mit einem geschwächten Immunsystem (zum Beispiel durch Diabetes, AIDS, Dialyse oder Krebs)
  • Personen mit Mangelernährung
  • Personen mit einer Alkohol- oder Drogenabhängigkeit
  • Personen ohne Milz
  • Personen, die kurz zuvor eine OP hatten (weniger als vier Wochen)

Symptome einer Sepsis

Die meisten Betroffenen befinden sich ohne ärztliche Begutachtung zu Hause und kennen die Anzeichen einer Blutvergiftung nicht. Das gilt auch für Angehörige, die ohne medizinische Ausbildung Personen mit einem erhöhten Sepsis-Risiko pflegen – also zum Beispiel Menschen über 60 Jahre, mit einem geschwächten Immunsystem oder chronischen Erkrankungen.

Hinzu kommt, dass die Symptome einer Sepsis auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Gleichzeitig fehlen in einigen Fällen die typischen Anzeichen. Dadurch erkennen Erkrankte und ihr Umfeld eine Sepsis oft nicht oder verwechseln sie mit einer Erkältung oder Grippe. Umso wichtiger ist es, die Ursachen und Symptome einer Blutvergiftung zu kennen. Wir zeigen Ihnen, welche Anzeichen für eine Sepsis sprechen.

Bei Verdacht sofort zum Arzt

  • Wählen Sie bei geringstem Verdacht auf eine Sepsis immer sofort den Notruf 112
  • oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117.
  • Schildern Sie die Symptome und äußern Sie Ihren Verdacht!
  • So kann der Arzt oder die Ärztin schnell und gezielt reagieren.

Sepsis-Symptome bei Erwachsenen und Kindern

Wenn eine Entzündung vorhanden ist und eines oder mehrere der folgenden Symptome hinzukommen, kann es sich um eine Sepsis handeln:

  • Fieber und Schüttelfrost
  • Schwitzen, feuchte Haut, Schwächegefühl
  • Kalte und fleckige Haut (an Armen und Beinen)
  • Müdigkeit, Verwirrtheit oder Desorientierung
  • erhöhter Puls und Herzrasen
  • niedriger Blutdruck
  • erschwerte Atmung, schnelle Atmung (mehr als 22 Mal in der Minute atmen)
  • Schmerzen, starkes Krankheitsgefühl

Online-Checkliste

Mithilfe der Online-Checkliste der Sepsis-Stiftung können Sie in wenigen Klicks eine akute Erkrankung besser einschätzen und Ärzten und dem Rettungspersonal schnell wichtige Informationen an die Hand geben.

Sepsis-Symptome bei Neugeborenen, Babys und Kleinkindern

Auch Kinder erkranken an einer Sepsis – nach der Sepsis Stiftung jährlich mehr als 10.000 in Deutschland. Über 16 % von ihnen versterben. Bei ihnen deuten folgende Symptome auf eine Blutvergiftung hin:

  • das Kind fühlt sich kalt und fiebrig an
  • das Kind atmet schwer
  • das Kind hat Krämpfe
  • das Kind muss erbrechen oder hat Durchfall
  • das Kind reagiert und bewegt sich langsamer
  • das Kind trinkt nicht

Checkliste für Kinder

Die Stiftung Sepsis bietet auch für Kinder eine Checkliste mit weiteren Frühwarn– und Notfallzeichen zum Abhaken.

Roter Streifen auf der Haut ist kein Sepsis-Anzeichen

Ein roter Streifen auf der Haut, der von einer lokalen Entzündung wie einer Wunde ausgeht und Richtung Herz führt, ist übrigens kein Sepsis-Anzeichen. Der Grund für den meist schmerzhaften Strich ist eine entzündete Lymphbahn unter der Haut, die zu einer Sepsis führen kann. Dennoch sollten Sie die infizierte Stelle behandeln lassen, um vorzubeugen.

Mögliche Spätfolgen einer Blutvergiftung

Auch mögliche Langzeit- oder Spätfolgen der Sepsis sind nicht zu unterschätzen. Sie sind vielfältig, können den Alltag stark einschränken und eine Langzeitpflege erfordern (zum Beispiel, wenn Gliedmaßen amputiert wurden).

An schweren Langzeitfolgen leiden laut dem Aktionsbündnis Patientensicherheit bis zu 75 Prozent der jährlich mehr als 100.000 Überlebenden. Diese können zeitversetzt, unter Umständen erst Jahre nach der Erkrankung auftreten. Viele Betroffene bringen sie dann nicht mehr mit der Sepsis in Verbindung.

Zu den Folgen einer Blutvergiftung zählen zum Beispiel:

Physische FolgenPsychische und kognitive Folgen
  • Nerven- und Muskelschäden
  • Lähmungen
  • Gefühlsstörungen
  • Muskelschwäche
  • Schluckbeschwerden
  • Schmerzen
  • geringere körperliche Belastbarkeit
  • Depressionen
  • Ängste
  • posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS)
  • geringere geistige Belastbarkeit
  • Aufmerksamkeitsprobleme
  • geringere Aufnahmefähigkeit
  • verminderte Gedächtnisleistung
  • Konzentrationsschwäche
  • Koordinationsprobleme
  • verlangsamtes Reaktionsvermögen
  • Müdigkeit und Schlafstörungen
  • Gleichgewichtsprobleme
  • Seh- und Sprachstörungen

Behandlung: Stunden können über Leben entscheiden

Eine Blutvergiftung ist ein Notfall und muss so schnell wie möglich behandelt werden. Je später die Behandlung beginnt, desto höher ist das Risiko für einen schweren Verlauf mit bleibenden Schäden bis hin zum Tod. Mit jeder Stunde steigt das Sterberisiko um ganze sieben Prozent.

Betroffene erhalten meist Breitband-Antibiotika. Die Erreger lassen sich zuvor durch verschiedene Untersuchungen, Blutkulturen und Abstriche vom mutmaßlichen Infektionsherd bestimmen. Patienten sollten im Krankenhaus behandelt werden, da oft eine intensivmedizinische Versorgung nötig ist, je nach Zustand mit künstlicher Beatmung, kreislaufstabilisierenden Medikamente und einer Blutwäsche (Dialyse).

In manchen Fällen ist die Behandlung nicht erfolgreich, da viele Erkrankte vorbelastet sind und ihre Abwehr geschwächt ist.

Wie kann ich vorbeugen?

Am besten können Sie einer Sepsis vorbeugen, indem Sie Infektionen vorbeugen. Wenn es doch zu einer Entzündung gekommen ist, lassen Sie diese rechtzeitig behandeln, sodass sie sich nicht auf den ganzen Körper ausbreiten kann. Das Risiko einer Blutvergiftung können Sie durch folgende Maßnahmen reduzieren:

  • allgemeine Hygienemaßnahmen (regelmäßig Hände waschen, auf eine gute Lebensmittel- und Toilettenhygiene achten, bei Bedarf eine medizinische Maske tragen, Wunden desinfizieren, schützen, pflegen und beobachten)
  • Impfungen (zum Beispiel gegen Pneumokokken, Meningokokken oder die Grippe; entsprechend der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission des Robert Koch-Instituts; lassen Sie sich von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin beraten; vor allem Kleinkinder und Menschen mit geschwächtem Immunsystem sollten auf ihren Impfstatus achten),
  • gezielte Behandlung von Grunderkrankungen (chronische Erkrankungen und akute Infektionen)

Weitere Informationen für Betroffene und Angehörige

Erfahren Sie mehr zum Thema Sepsis. Die IKK BB empfiehlt zusätzlich folgende Informationsseiten für Patienten und Angehörige:

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